Die Geschichte einer Schwert- und Kielsanierung

Vorgeschichte

Als wir an einem lauen Sommerabend im Jahr 2008 mit zwei Freunden uns mit "Anansi" auf den Weg machen wollten, um die "Serenade am See" im Garten der Villa Borsig zu lauschen bei einem Gläschen Sekt, wollte das Boot den Steg nicht verlassen. Na ja, dachte ich, der Wasserstand ist niedrig und vielleicht liegt der Kiel nun auf Grund, wenn vier Erwachsene an Bord sind. Aber sogar ganz ohne Besatzung stak das Boot fest. Weitere Untersuchungen zeigten, dass das Schwertfall sich schlapp hoch- und herunterbewegen ließ. Es hatte offenbar keine Verbindung mehr zum Schwert.
Wir konnten die Situation retten, in dem wir eine Leine unter den Kiel durchführten und so das Schwert hochschwenkten, der Konzertbesuch im Tegeler See war gerettet und bei der Heimkehr fuhr ich Anansi erst zu unserem Slipsteg, wo ausreichend Wassertiefe ist, um das Boot mit gesenktem Schwert festmachen zu können.
Am nächsten Tag tauchte ich unter das Boot und machte mit einer Drahtschlaufe um das Schwert eine "Notreparatur"

angetüddeltes Schwert
Provisorisch angebundenes Schwertfall

Diese Notlösung musste nun für den Rest der Saison halten und hat auch gehalten.

Anforderungen

Mit der Kielbefestigung des Flying Cruiser war ich nie zufrieden, ich hatte nach dem Kauf des Bootes in den 1990ern schon mal versucht, den Kiel besser auszurichten, aber es war mir nicht gelungen, eine bessere Passung zu erreichen. Er war an der Backbordseite des Schwertschlitzes mit zwei Bolzen versehen und an der Steuerbordseite war nur ein Befestigungspunkt. Auf dem Trockenen, zumindest, hing der Kiel backbords tiefer, hatte also eine Neigung nach Steuerbord, da der Rumpf an dem einen Bolzen stärker belastet war und mehr nachgab. Ausserdem sind alle Bolzen ziemlich weit vorne, so dass der Kiel hinten hinuterhing und eine Lücke zwischen Kiel und Rumpf entstand (bevorzugtes Siedlungsgebiet für Muscheln). Die Eisenschrott-Füllung des Kielmaterials war auch an den oberen Bereichen teilweise verrostet und aufgequollen und meine ersten Versuche, eine bessere Passung wieder herzustellen, waren nicht besonders erfolgreich gewesen. So beschloss ich, es nochmals zu versuchen. Dazu wurde Anansi samt Slipwagen angehoben, Böcke unter das Boot geschoben und dann der Wagen abgesenkt und herausgezogen


Aufgebocktes Boot
Anansi auf dem Trockendock
Hinterkante Kiel mit Muscheln
Kiel hängt hinten herunter, Muschelbewuchs in der Lücke

Als ich das Boot kaufte, war das Originalschwert auf Rasierklingenstärke heruntergerostet gewesen und ich hatte vom Hersteller ein feuerverzinktes Ersatzteil gekauft. Leider hatte das Ersatzteil keine Bohrungen, aber ich hatte zum Glück den alten Schrott noch nicht entsorgt und konnte ihn als Schablone benutzen. Beim Einbau habe ich wohl einen entscheidenden Fehler gemacht, nämlich das Fall mit einem Edelstahlschekel am Schwert festgemacht, so ist über die ca. 15 Jahre auch im Süsswasser das Metall an der Bohrung im Schwert elektrolytisch wegkorrodiert trotz der Verzinkung, bis sich der Schekel eines Tages (siehe Oben) befreit hatte.
Also bestand die erste Arbeit darin, die Schwert-Schwenkachse herauszuschlagen. Dazu muss die Bohrung im Kiel lokalisisert werden durch anschleifen der betreffenden Umgebung. Ich habe den Bereich im folgenden Foto rot umrandet. Hat man die Bohrung gefunden, muss man die "Füllung" herausbohren.

Bearbeiteter Kiel
Bearbeiteter Kiel, rote Markierung zeigt ungefähr, wo die Bohrung für die Achse des Schwerts zu suchen ist

Als ich mit einem Stift versuchte, die Achse herauszuschlagen, bewegte sie sich kurz, dann gar nicht mehr. Ein Versuch aus entgegengesetzter Richtung brachte das gleiche Ergebnis, wobei das Schwert mit hin- und hergeschoben wurde. Erst nachdem ich das Schwert leicht angehoben und fixiert hatte, bekam ich das Teil heraus. Es war in der Mitte bis auf etwa 4 mm Stärke wegkorrodiert bzw. abgenutzt. Als ich sie zuletzt mit einer Zange herausziehen wollte, brach sie in der Mitte auseinander.

Schwertachse kaputt
Die Achse des Schwerts, nach ca. 17 Jahren

Mein jüngerer Sohn hatte berichtet, dass ein Bekannter vom Bastelkreis der "Kulturfabrik Moabit" in der Lehrter Straße sich gut mit Stahl auskannte und bereit wäre, das lädierte Schwert zu reparieren. Also fertigte ich ein Foto des beschädigten Teils an und erstellte damit eine Beschreibung der erwünschten Ausbesserungen.

Schwert kaputt
Schwert, nach ca. 17 Jahren unter dem Boot

Reparaturen

Der Kumpel meines Sohnes sagte zu und nannte mir einen Liebhaberpreis für einen Freundschaftsdienst. Er schweißte und bearbeitete die Kanten und fertigte sogar eine Achse mit Schmiernippel an, so dass ich in Zukunft periodisch nachschmieren kann. Vor dem endgültigen Einbau habe ich das ganze nochmal überlackiert, denn die Verzinkung ist ja teilweise abgetragen.


Schwert kaputt
Schwert, aufgeschweißt, mit Rostschutz

Den Kiel habe ich auf einer Palette herabgelassen und die erneut korrodierten/zerbröselten Kanten so gut es ging aufgebaut mit Polyesterharz-Füllermasse und Fiberglasmatten. Dann habe ich zusätzliche Bolzen aus Gewindestangen hergestellt und gegenüber von den bestehenden Bolzen eingeschraubt. Zusätzlich habe ich am hinteren Ende noch ein Bolzen hinzu "erfunden". So ist eine (nahezu) symmetrische Befestigung entstanden. Im inneren des Bootes werden Stahlwinkel mit passenden Bohrungen eingesetzt, um die Last besser zu verteilen. Das Festziehen der Muttern des hinteren Bolzens erwies sich als sehr schwierig, da ich blind arbeiten musste und dabei auch noch liegend eingepfercht. Ein flacher Ratschenschlüssel ist das beste Werkzeug dafür, da wenig Platz zur Verfügung steht.

bearbeiteter Kiel
Kiel mit vier zusätzlichen Bolzen

Um die Kielbolzen in die Bohrungen im Rumpf einzuführen, habe ich drei Rohrstücke vom Rumpfinneren durch die passenden Bohrungen über die alten Bolzen geschoben, dann den Kiel mit Hilfe von Hydraulik-Wagenhebern und den Flaschenzügen hochgehoben. Als Dichtungsmittel habe ich reichlich Silikonkautschuk benutzt, da die Passung immer noch schlecht war. Das ganze hat jetzt immerhin zehn Jahre lang gehalten.
Das Schwertfall habe ich ohne Schekel am Schwert befestigt, einfach ein Auge angelascht, um elektrolyische Effekte auszuschließen.


Schwert antüddeln
Schwert wird wieder angetüddelt

Es war eine Erleichterung, als "Anansi" wieder schwamm und ich sie zum Steg zwecks Aufriggen paddeln konnte. Allerdings zeigte sich erst eine gaaanz kleine Leckage, die sich aber durch nachziehen der vorderen Bolzen abstellen ließ und, wie gesagt, nun zehn Jahre lang nicht mehr aufgetreten ist.


afloat again
Endlich wieder im Wasser

Aufgeschriebenes Gedächtnisprotokoll, Januar 2019